Unzulässige Aufkündigung Bausparvertrag – Bausparkasse Wüstenrot AG will alte Bausparverträge wegen zu hoher Zinsen “aus wichtigem Grund” aufkündigen. Zahlreiche Schreiben an die betroffenen Bausparer unterwegs.

Die Wüstenrot Bausparkasse AG hat bereits vor einigen Wochen angekündigt, bestehende Bausparverträge aus wichtigem Grund per 15.06.2016 mit ihren Kunden aufzulösen. Der wichtige Grund für die Bausparkasse ist, dass sie die vereinbarten Zinsen bei Altverträgen (häufig über 2%) nicht mehr zahlen will. Die Bausparkasse ist nunmehr bereit, sehr niedrige Zinsen für Guthaben in der Höhe von 0,125% zu zahlen und nicht mehr den ursprünglich vereinbarten Zinssatz. Wer nicht damit einverstanden war, wurde gekündigt.

Es gibt aber bereits eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gegen die Bausparkasse Wüstenrot AG, bei der ausgesprochen wurde, dass eine einseitige Zinssenkung unzulässig ist (OGH, 5 Ob 160/15p). Bei jenen Kunden, die sich mit einer Zinssenkung nicht einverstanden erklärt haben, wurden nunmehr zum 15.6.2016 die Verträge aufgekündigt.

Aktuell ist an viele betroffene Bausparer ein Schreiben von der Bausparkasse unterwegs, dass der Vertrag nunmehr gekündigt sei und man bekanntgeben möge, wohin das Guthaben ausgezahlt werden soll. Viele unserer Mandanten sind mit der einseitigen Aufkündigung nicht einverstanden, sondern möchten die vereinbarten Zinsen weiter erhalten und fordern Vertragstreue. In Deutschland gibt es bereits eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Stuttgart, dass die einseitige Kündigung durch die Bausparkasse unzulässig ist (9 U 230/15). Bei der damaligen Zinsfestsetzung sei verabsäumt worden, eine geeignete Auflösungs- oder Anpassungsmöglichkeit bei unerwünscht langen Laufzeiten zu regeln. Es sei unzulässig, das freiwillig übernommene Zinsrisiko auf den Bausparer abzuwälzen.

Auch wir betrachten die einseitige Aufkündigung „aus wichtigem Grund“ als unzulässig. Eine Präzedenzentscheidung gibt es in Österreich allerdings noch nicht.

Wichtig ist vorerst, dass auf keinen Fall vorschnell die Auszahlungsaufforderung unterschrieben wird und die betroffenen Personen sich zwischenzeitlich nicht das  Guthaben überweisen lassen. Darin könnte das Gericht ein Einverständnis zur Vertragsaufkündigung sehen.

Unsere Kanzlei hat bereits eine Klage vor Gericht eingebracht, dass eine solche Aufkündigung nicht zulässig ist und von der Bausparkasse die vereinbarten Zinsen weitergezahlt werden müssen.

Was können betroffene Bausparer tun?

 

  1. Unterschreiben Sie keinesfalls vorschnell die Auszahlungsanordnung, da das Gericht sonst mitunter ein Einverständnis zur Kündigung sehen könnte.

 

  1. Lassen Sie sich einen Kontoauszug von der Bausparkasse Wüstenrot AG zuschicken, damit sie Ihr Guthaben und die bisherige Verzinsung genau kennen.

 

  1. Sie können sich den Verfahren gegen Wüstenrot anschließen, wenn Sie mit der einseitigen Aufkündigung nicht einverstanden sind. Sofern eine Rechtsschutzversicherung (Vertragsrechtsschutz) besteht, wird regelmäßig Deckung erteilt. Wir übernehmen die Deckungsanfrage kostenlos für Sie. Sofern die Wüstenrot nicht mit der Zurückziehung der Kündigung einverstanden ist, kann eine Feststellungsklage eingebracht werden.

 

Für Rückfragen steht Ihnen unsere Kanzlei unter 05572/200444 oder office@anwaltskanzlei-pichler.at zur Verfügung.