Ein neuer Automotor gilt als mangelhaft, wenn die Verschleißteilen bei gewöhnlichem Gebrauch keine zwei Jahre halten und zur Funktionsunfähigkeit des Motors führen. Anderes gilt nur dann, wenn auf die kürzere Haltbarkeit von Verschleißteilen hingewiesen wurde oder wenn sie allgemein bekannt war.

 

 

Sachverhalt

Die Klägerin gab bei der beklagten KFZ-Werkstätte den Einbau eines neuen Motors in ihr Fahrzeug in Auftrag. Etwa nach 23 Monaten und 65.000 gefahrenen Kilometern trat beim Motor ein Totalschaden auf. Ein Dichtring der Nockenwelle war undicht geworden, sodass es durch „Weiterfressen“ zur Beschädigung des Kolbens und der Ventile kam.

 

Die Klägerin hatte jeweils nach 30.000 gefahrenen Kilometern Services bei der Beklagten durchführen lassen. Ölverlust wurde jedoch nie bemerkt und auch der Dichtring wurde nie ausgetauscht. Von außen sei keine Beschädigung erkennbar gewesen.

 

Es existierten keine Vorgaben des Motorherstellers, dass bestimmte Teile in regelmäßigen Intervallen ausgetauscht werden müssten.

 

Die Klägerin forderte die Beklagte auf, den Motorschaden unentgeltlich im Rahmen der Gewährleistung zu beheben. Diese weigerte sich jedoch, da der Motor bei der Übergabe nicht fehlerhaft gewesen sei. Daraufhin machte die Klägerin die Bezahlung der entstandenen Reparaturkosten gerichtlich geltend.

 

 

Rechtliche Beurteilung

Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht wiesen das Begehren der Klägerin ab. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der Klage jedoch statt. Nach seiner Ansicht könne erwartet werden, dass ein fabriksneuer Kraftfahrzeugmotor, bei nicht exzessiver Beanspruchung, mehr als zwei Jahre halte. Auch wenn er mit Verschleißteilen wie einem Dichtring ausgestattet sei, müsste deren Qualität dennoch eine ausreichende Lebensdauer gewährleisten.

 

Ein durchschnittlicher Autofahrer könne davon ausgehen, dass derartige Teile nicht unbemerkt frühzeitig verschleißen und es so nicht durch Weiterfressen zu einem Totalschaden des Motors kommen kann. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Autobesitzer die empfohlenen Serviceintervalle einhalte und auf die Möglichkeit eines raschen Verschleißes nicht ausdrücklich hingewiesen werde.

 

Dass diese eingebauten Verschleißteile nicht einmal zwei Jahre lang halten würden stelle einen Mangel an sich dar, auch wenn der Motor zum Zeitpunkt der Übergabe einwandfrei funktioniert habe. Da sich die Beklagte geweigert habe, den von der Klägerin begehrten Austausch bzw. die Verbesserung vorzunehmen, könne die Klägerin somit zu Recht den Ersatz für die entstandenen Reparaturkosten verlangen.

 

 

OGH 23.04.2015, 1 Ob 71/15w