Vollsteckbarkeitserklärung eines ausländischen Exekutionstitels

Ausländischer Exekutionstitel

 

LANDESESGERICHT FELDKIRCH
1 R 414/10f
1 R 415/10b
Schillerstraße 1
6800 Feldkirch

BESCHLUSS

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Präsidenten Dr. Bildstein als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Flatz und Dr. Troll als weitere Senatsmitglieder in der Exekutionssache der betreibenden Partei**********, vertreten durch Dr. Clemens Pichler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, gegen die verpflichtete Partei***********, vertreten durch ********** in 6850 Dornbirn, wegen EUR 57.553,00 sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 11. Oktober 2010, 12 E 5989/10a-2, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Rekursverhandlung wird zurückgewiesen.

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Beantwortung des Rekurses durch die verpflichtete Partei hinsichtlich des Beschlusses über die Exekutionsbewilligung wird zurückgewiesen.

Die mit EUR 1.682,99 (darin enthalten EUR 280,50 USt) bestimmten Kosten der Beantwortung des Rekurses gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 11. Oktober 2010, 12 E 5989/10a, mit dem die Entscheidung des Berufungsgerichtes Court T’Appel de Douai vom******, in Österreich für vollstreckbar erklärt wurde, sind weitere Exekutionskosten der betreibenden Partei.

Der ordentliche Revisionsrekurs gegen die Entscheidung hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung des ausländischen Exekutionstitels ist nicht zulässig; der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung hinsichtlich der Exekutionsbewilligung ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Die betreibende Partei verband mit ihrem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteiles des Cour D’Appel de Deouai (Frankreich)*******, die Fahrnisexekution zur Hereinbringung von EUR 57.553,00 samt Nebengebühren.

Mit den Beschlüssen vom 11. Oktober 2010 erklärte das Erstgericht den ausländischen Exekutionstitel für Österreich für vollstreckbar und bewilligte die Fahrnisexekution.

Beide Entscheidungen bekämpft die verpflichtete Partei mit Rekurs. Sie beantragt hinsichtlich der    Vollstreckbarerklärung die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie die Abänderung dahin, dass der bekämpfte Beschluss aufgehoben und das Exekutionsverfahren eingestellt wird. Hinsichtlich der bewilligten Exekution beantragt die verpflichtete Partei die Abänderung im Sinne einer Abweisung des gestellten Exekutionsantrages.

Die betreibende Partei hat jeweils eine Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Da das Rekursgericht eine mündliche Rekursverhandlung nicht für erforderlich erachtet, zumal hier ausschließlich über Rechtsfragen zu entscheiden ist und der Rekurswerberin eine Antragslegitimation nicht zusteht, war der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Rekursverhandlung zurückzuweisen.

Beiden Rekursen kommt Berechtigung nicht zu.

Zum Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung der Entscheidung des Cour D’Appel de Deouai vom ******:

Vorweg ist festzuhalten, dass die Rekurswerberin zutreffend darauf verweist, dass in einem Rekursverfahren über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels kein Neuerungsverbot zu Versagungsgründen besteht.

Das erstgerichtliche Verfahren zur Erteilung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels ist ein einseitiges Urkundenverfahren, an dem der Antragsgegner nicht beteiligt ist. Deshalb ist dem Verpflichteten die Möglichkeit eingeräumt, in seinem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluss, mit dem die Vollstreckbarerklärung erteilt wurde, oder in seiner Beantwortung zum Rekurs des Gläubigers gegen den Beschluss, mit dem die Vollstreckbarerklärung verweigert wurde, Neuerungen einzubringen (Jakusch in Angst, EO2 § 84 Rz 10). Diese Durchbrechung des sonst im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbotes durch § 84 Abs 2 Z 2 EO ist allerdings in sachlicher Hinsicht insoweit beschränkt, als nur solche Neuerungen zulässig sind, die Versagungsgründe betreffen (Jakusch aaO Rz 13). Hier wird im Rekurs geltend gemacht, der ausländische Exekutionstitel sei mit einem Verstoß gegen den ordre public belastet, und es liege insofern ein Versagungsgrund vor. Diese Neuerung ist zulässig, aber nicht beachtlich.

Die Rekurswerberin führt unter Anschluss entsprechender Unterlagen über die gesetzlichen Grundlagen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens in Frankreich aus, auf Grund dieser Bestimmungen sei dem Arbeitgeber – hier der beklagten Partei – das Recht auf Gehör genommen und liege insofern ein Verstoß gegen den ordre public vor.

Hier erfolgt offensichtlich eine Vermengung des Rechtes auf Gehör in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren in Frankreich sowie den materiellen Voraussetzungen für eine Kündigung beziehungsweise entsprechende Kündigungsentschädigungen. Dass die verpflichtete Partei im arbeitsgerichtlichen Verfahren (I. und II. Instanz) nicht vertreten gewesen wäre und insofern eine Verletzung des rechtlichen Gehörs stattgefunden hätte, wird gar nicht behauptet und war dies auch nicht der Fall. Nach den vorgelegten Urkunden war die beklagte Partei sowohl im Verfahren erster als auch im Verfahren zweiter Instanz anwaltlich vertreten.

Dass durch Bestimmungen des französischen Arbeitsrechtes, die im gegenständlichen Fall zur Entstehung des Exekutionstitels gegen die verpflichtete Partei geführt haben, gegen den inländischen ordre public (Art 34 Z 1 EuGVVO) verstoßen würden, ist nicht erkennbar.

Abgesehen davon, dass die französische Republik ein Rechtsstaat ist, deren Gesetze dem Standard eines solchen jedenfalls entsprechen, ist konkret nicht nachvollziehbar, warum mit der inländischen Rechtsordnung vollkommen unvereinbar sein sollte, dass nach französischem Arbeitsrecht Voraussetzung für eine erfolgreiche Kündigung ein Vorgespräch mit dem Arbeitnehmer über den Grund einer Kündigung und eine anschließende schriftliche Kündigung per Einschreiben erforderlich ist. Solche Vorschriften einzuhalten, ist – dies bedarf keiner weiteren Erörterung – jedem Arbeitgeber zumutbar. Wenn daher die Nichteinhaltung solcher Vorschriften durch einen Arbeitgeber – allenfalls durch Unkenntnis der entsprechenden Gesetzeslage – dazu führt, dass eine ausgesprochene Entlassung nicht rechtswirksam wird und damit den Arbeitgeber finanzielle Belastungen treffen, so ist nicht erkennbar, gegen welche wesentlichen Rechtsgrundsätze hier verstoßen wird und inwieweit diese Vorschriften zu einem nicht hinzunehmen Gegensatz zur österreichischen Rechtsordnung stünden.

Nicht weiter einzugehen ist auf das Vorbringen der Rekurswerberin hinsichtlich der

„Auflösung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund im deutschen Rechtskreis“ sowie dazu, wozu ebenfalls ein Vorbringen erstattet wurde, ob materiellrechtlich ein Entlassungsgrund (Kündigungsgrund) für die verpflichtete Partei vorgelegen hat. Die materiell-rechtliche Überprüfung einer für vollstreckbar zu erklärenden ausländischen Entscheidung ist nicht vorgesehen (Art 36 EuGVVO). Das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen ist auf die Prüfung der Formalerfordernisse (Art 34, 35, 53 bis 55 EuGVVO) beschränkt. Solche Hindernisse wurden hier nicht aufgezeigt.

Zum Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung:

Dieses Verfahren ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich nur einseitig (3 Ob 106/03i; 3 Ob 162/03z; Kodek in ÖJZ 2004, 204, 594 und 595; 4 R 363/05i, 264/05m; 2 R 309/04p, je LG Feldkirch). Die Rekursbeantwortung der betreibenden Partei war daher zurückzuweisen.

Die verpflichtete Partei führt in ihrem Rekurs zusammengefasst aus, die vom Erstgericht für vollstreckbar erklärte Berufungsentscheidung sei nicht bestimmt iSd § 7 Abs 1 EO.

Aus der Berufungsentscheidung gehe weder aus einem Spruch noch aus der Begründung hervor, wieviel die verpflichtete Partei angeblich tatsächlich zu zahlen habe und ergäbe sich auch aus der Berufungsentscheidung kein Leistungsbefehl. Diese Ausführungen sind aktenwidrig. Es genügt die verpflichtete Partei auf die vorletzte Seite der Entscheidung des Berufungsgerichtes Douai im Original sowie der Übersetzung zu verweisen, wo es heißt:

******* wird dazu verurteilt, ******* folgende Beträge zu zahlen:

  • 35.000,00 EUR Schadenersatz,
  • 2.667,50 EUR Kündigungsentschädigung
  • 16.005,00 EUR Gehaltszahlung für den Kündigungszeitraum und das diesem Zeitraum entsprechende Urlaubsgeld von EUR 16.005,00 sowie
  • 2.280,00 EUR Entschädigung für entgangene Naturalbezüge während des Kündigungszeitraumes zu zahlen,
  • 2.000,00 EUR auf der Grundlage von Art 700 der Neuen Zivilprozessordnung.“

Das insofern aktenwidrige Vorbringen der verpflichteten Partei ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass in einer der (dem Gericht vorliegenden) Übersetzungen die angeführte zweitletzte Seite der für vollstreckbar erklärten Entscheidung fehlt. Tatsächlich ergeben sich sowohl aus der französischen Originalentscheidung sowie der Übersetzung die genauen zu bezahlenden Beträge sowie der im Rekurs vermisste Leistungsbefehl.

Ein Kostenersatz für die unzulässige Rekursbeantwortung findet nicht statt. Die Kosten der (zulässigen) Rekursbeantwortung hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung wurden richtig verzeichnet und waren gemäß §§ 41, 50 ZPO, 78 EO als weitere Exekutionskosten zu bestimmen.

Hinsichtlich der Entscheidung über die Exekutionsbewilligung ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO). Hinsichtlich der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung hat das Rekursgericht über keine Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zu entscheiden, sodass auszusprechen war, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist.

Landesgericht Feldkirch, Abteilung 1
Feldkirch, 30. Dezember 2010
Heinz Bildstein, Richterin

Elektronische Ausfertigung
gemäß § 79 GOG